09Oktober
2023

Spannende Rückreise nach Offenburg

Was wir abends zuvor nach oben strampeln mussten, konnten wir uns heute früh wieder rollen lassen.
Montags früh zum Berufsverkehr ist das nicht ganz ohne!
Wir erreichen den Bahnhof und man könnte denken, dass man in Frankfurt ist. So voll ist es dort. Aber nicht nur die Berufspendler sind unterwegs - nein, auch gleich mehrere Schulklassen! Au weia, hoffentlich kriegen wir unsere Fahrräder in die S-Bahn, wussten wir ja auch gar nicht uns strategisch gut zu platzieren, denn wo würde der Fahrrad-Waggon wohl halten? 
Blöd ist es dann auch, wenn die Fahrradplätze von Fahrgästen ohne Rad belegt werden; da es sich aber um zwei ältere Damen handelte, haben wir sie nicht verscheucht :-).
An jeder Haltestelle gesellten sich noch mehr Fahrgäste hinzu, kaum jemand stieg aus. Irgendwann fuhr der Zug nicht mehr ab, weil die Türen nicht mehr schlossen. Die Ansage des Zugführers lautete, dass alle Fahrgäste mit Fahrrädern den Zug verlassen müssen. "Wollen wir doch nach Offenburg radeln", frug ich Christoph. "Nein, heute nicht noch mal 100 km", kam von ihm zurück. Okay, dass es so viel sein würde, war mir nicht bewusst. 
Ein Radler nahm sich ein Herz und verließ den Zug - er stand allerdings auch am Ausgang. Wir nicht. Also rief ich, dass wir auch aussteigen würden, wenn man uns denn ließe. Nicht eine Person, die uns sozusagen im Weg dafür standen, rührte sich auch nur einen Zentimeter, um uns Platz zu schaffen. Wir waren eingekeilt und konnten den Zug nicht verlassen. Auch gut. Wir hatten es versucht. Der Wille, wenn auch widerwillig, war da.
Der Zug fuhr dann auch wieder, nachdem locker 25 Minuten Verspätung "eingefahren - besser - gestanden" waren. Ah, so kommen die Verspätungen also zustande.

In Freiburg dann endlich stiegen nahezu alle aus. Dann waren es noch 20 Minuten bis OG. Bei den Menschenmassen und der Enge im Zug, kamen mir Corona-Gedanken. Jugendliche mit feucht-fröhlicher Aussprache verteilten ordentlich alles, was man nicht so gerne von anderen abbekommt.
Gestehen muss ich aber auch, dass ich zu faul war, meine Maske aus der Tasche zu fischen. Volles Risiko!

Google Maps hat uns dann zum Auto navigiert, dass so dastand, wie wir es verlassen hatten. Fix alles eingepackt, Räder demontiert und reingelegt und auf den Weg zurück nach Frankreich zum Einkaufen von allerhand Lebensmitteln und Wein.
Noch ein Kaffee musste es aber schon sein. Darum hielten wir an einer Bäckerei. Dort trafen wir auf ein Paar unseres Alters, ebenfalls Radfahrer:innen aus Frankfurt, denen wir gerne angeboten hätten, sie mit nach Hause zu nehmen - sie waren verlassen von der DB, ihr Zug fiel einfach aus. Für beide plus Räder hat dann unser Auto trotzdem nicht ausgereicht.... und sie hätten mit einkaufen gehen müssen.

Die Rückfahrt verlief weitesgehend problemlos und wir waren roundabout um 17:00 Uhr zuhause. 

Extrem dankbar sind wir für das tolle Wetter. Wenn nasses Laub schon auf den Wegen gelegen hätte, Brücken glitschig gewesen wären, wir wegen Regen nicht so gut vorangekommen wären, auch die Moral unter schlechtem Wetter sicher gelitten hätte, wäre das nicht eine so eindrückliche Reise gewesen. 

Die traurige Nachricht, dass Oliviers Papa am letzten Wochenende völlig unerwartet gestorben ist, erreicht uns am Abend telefonisch. Innerhalb von nur 5 Wochen haben die drei Paulin-"Kinder" ihre Mutter und den Vater verloren. Wir fühlen mit ihnen und sind unendlich traurig darüber. 

Ganz herzlich danke ich meinem lieben Mann, der alles so perfekt "ausgetüftelt" hat. Wir lernen auch aus dieser Reise, was man noch verbessern kann - werden wir - denn wir werden sicherlich wieder eine Radreise im nächsten Jahr unternehmen. Christoph wird definitv nicht mehr mit dieser schweren Kamera unterwegs sein, da muss eine Alternative gefunden werden!

Danke auch an die "Blog-Verfolger:innen". Schön, dass Ihr mit dabei wart. Gerne wieder bei einem unserer nächsten Rad-Abenteuer. 

Und zum Abschluss noch ein französisch geprägtes Abendessen in den heimischen Gefilden:

Für alle, dies des Französischen nicht so mächtig sind: 
"Das Leben ist wie ein Fahrrad. Man muss sich vorwärts bewegen, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren". 
Dem ist nichts hinzuzufügen. Au revoir! A bientot!

 

08Oktober
2023

Montbéliard... bis Mulhouse: und dann?

Montbéliard verlassen wir vergleichsweise spät für unsere Verhältnisse (10:00 Uhr). Das geschichtsträchtige "Hotel de Balance" mit historischen Treppen, alten Kronleuchtern, Holzvertäfelungen, Kamin in einigen Zimmern hat einen ganz eigenen Charme, dem wir direkt erliegen. Auch gefällt uns der "Pferdestall", in dem Fahrräder gut gesichert übernachten können.

Auf der Suche nach einem Café oder auch zwei Kaffee kommen wir durch diesen hübsch geschmückten Ort:

Hat irgendwas mit einem 25-jährigen Jubiläum zu tun. Hab's im Vorbeifahren nicht genau lesen können. Das Café, was mehr eine Bar war, hatte leider noch nicht geöffnet. Weiter ohne Koffein. ;-/

Das Höhenprofil der heutigen Etappe lässt einen schönen Tag erwarten. Auch wenn es zuerst mal bergauf ging --> Richtung für das Wasser: Mittelmeer.
Wir kommen am "Bischöflichen Gymnasium von Zillisheim" vorbei, was ein Traum-Bau! Eine Ausbildungsstätte für Priester früher, heute können auch Mädchen diese Kaderschmiede besuchen. 


Ab Kilometer 30 wendet sich das Blatt und es geht es nur noch runter... eine Schleuse jagt die andere, immer Richtung Rhein bzw. Nordsee. Ein Schleusenparadies (alles automatisch..für Thomas. ;-).. alle 50-100 Meter eine Staustufe. Insgesamt mehr rollen als radeln.

Christoph hat heute nicht seinen besten Tag. Ab Mulhouse gibt es keinen weiteren Plan, das bedrückt ihn, und ich vergesse gerne, dass er das hier alles schon kennt (wenn auch in der anderen Richtung). Auch die Pausentage, die er sich auf seiner Tour 2019 eingeplant hatte, haben wir nicht. Also ist die Moral heute ein wenig am Boden. 

Wir machen ein schönes Picknick und ich bin wieder beeindruckt von der Einfachheit von Problemlösungen:

Nur einen Balken weglassen und schon können Rolli-Fahrende, wie alle anderen auch, Platz am Tisch nehmen. Like it!!!
In Mulhouse angekommen, überlegen wir, erneut die Bahn in Richtung Strasbourg zu nehmen. Aber der Reiz, es bis nach Deutschland zu schaffen für ein SchniPoSa (SchnitzelPommesSalat) lässt uns erwägen, nochmal in die Pedalen treten. Am Bahnhof in Mulhouse (warum müssen eigentlich an Bahnhöfen immer so grauselige Gestalten rumlaufen?) entscheiden wir uns schließlich nach einer kleinen Recherche noch ein paar Kilometer bis Müllheim (das fanden wir besonders lustig) zu radeln. 30 km on top. Über die Brücke, auf der die Grenze verläuft, fahren wir Händchenhaltend rüber. Geschafft! Gästehaus Steffi empfängt uns. Dass das Erreichen ihres Hauses uns nochmal herausfordern würde, hat sie weder gesagt, noch haben wir gefragt. Also nochmal feste bergauf in die Pedalen treten!

Also was genau sollte mal als Radfahrende abfragen, bevor man am Tagesende eine Unterkunft bucht:

  • können die Räder sicher untergebracht sein?
  • gibt es ein Lokal in der Gegend?
  • geht es bergauf zu ihrem Haus?
  • ... es gibt noch viel mehr, aber es fällt mir gerade nicht ein..

Steffi ist herzlich und empfängt uns, obwohl sie eigentlich Urlaub machen wollte. Ihr Haus liegt an einer Etappe am Jakobsweg und wird von vielen Menschen aus aller Welt besucht. Die Zimmer sind liebevoll eingerichtet, für mich etwas viel "Steh-Rummchen", doch es passt alles zusammen. Wir übernachten im Zimmer "Atlantik". Zimmer "Afrika" war auch im Angebot. :-) Möglicher Weise auch andere...?

Wir machen noch einen Gang durchs Örtchen und sind angetan von dem nahezu gleichlautenden Ort, wie unser Heimatort. Aber auch hier Leerstand und Bemühungen, die Innenstadt am Überleben zu halten.

Um 09:04 geht unser Zug morgen, der uns nach Offenburg zum Auto bringt... let's see, was uns erwartet.

07Oktober
2023

Saint Vit bis Montebéliard - mit Unterbrechung

Eine ordentliche Tagesettape würde das wohl werden heute. Gestern haben wir nach 104 km festgestellt, dass dann nochmal weitere 20 drauf, es doch ganz schön anstrengend wird. Also begannen wir damit zu liebäugeln, ein erneutes Mal die französische Bahn als Dienstleister zu bemühen. 

Hier eine Durchfahrt für die Käne. Wenn die Einfahrt frei ist, regnet es nicht aus einer Rinne oberhalb der Einfahrt. Und die Kapitän:innen müssen sich und das Schiff nicht in den Ausweichplatz manövrieren.
Weiter auf dem Euro 6 fahren wir bis Besançon. Hier müssen wir durch diesen Tunnel, den selbstverständlich auf Fußgänger:innen nehmen. Der Ort ist wieder gut gefüllt, denn auch er hat mit der Zitadelle eine Touristenattraktion zu bieten. Ein Kaffee sollte es für uns hier noch geben. Allerdings haben wir uns unwohl gefühlt, denn wir hatten ein Viertel mit komischen Gestalten erreicht.
Wir entscheiden dann wirklich ein Stück die Bahn zu nehmen und mühen uns durch die auf Hügel gebaute Stadt zum Bahnhof hinauf. Hier warten wir ca. 40 Minuten, bis wir einsteigen können. Leider werden immer erst kurz vor Einfahrt des Zuges das Gleis bekannt gegeben, was es für uns immer etwas spannend macht, insbesondere dann, wenn es keinen Aufzug gibt. 

Mit diesem Zug-Coup haben wir anstelle 122 km, nur 78 km Tagesetappe zu fahren. Wären wir die volle Strecke gefahren, wäre es schon dunkel geworden; und wir hatten keine näherer Übernachtungsmöglichkeit gefunden. Christoph fühlt sich gehetzt und ich hätte auch keine Lust gehabt in der Dunkelheit zu fahren.
Wieder musstrn wir mit den Rädern beim Aussteigen einen fiesen Höhenunterschied überwinden - Rollsthlfahrende wären lost! Wie das Problem hier gelöst wird, weiß ich nicht; vielleicht müssen sie sich anmelden. Vom BAhnsteig wieder auf den Euro Velo 6 und es gibt ein paar Tropfen Öl für die Fahrradketten. Eine ältere Dame sprach uns ganz besorgt an, ob wir ein Problem hätten. Sie selbst in Radrennfahrer:innne-Montour auf einem sportli chen E-Bike. Sie wollte alles wissen und gratulierte uns zum bereits Gemachten. Das Hotel, in dem wir übernachten würden, könnte sie nur empfehlen - sie selbst sei oft Gastgeberin für Menschen auf dem Jakobsweg...den sie selbst schon 4x gegangen sei (den französischen Teil) und 2x den spanischen. Als sie den Helm abnahm, kam violettes Haar zum Vorschein, also richtig lila! Wow - Chrostophs Name für sie: Fahrrad-Hexe, aber in ganz lieb!

NIcht viel später hörte ich unsere Sprache. Höflich fuhren zwei junge Männer mit "Bonjour" grüßend an uns vorbei (überholt werden wir natürlich oft, von denen ohne Gespäck). Ich grüßte zurück mit "Guten Morgen", obwohl es schon Mittag war und schob ein "Hallo" hinterher. In Isle sur le Doubs einem der nächsten Orte lachte uns ein Café an und siehe da, da saßen die beiden. Sie beide aus Freiburg (Studium) aber eigentlich - ihne war es fast peinlich - Neuberg und Freigereicht. Also ganz nahe bei uns. Sie hatten das gleiche Ziel und wir verabschiedeten uns mit: "na vielleicht bis heute Abend".
Dort haben wir uns dann tatsächlich auf der Suche nach einem Lokal fürs Abendessen getroffen, sind auch im gleichen gelandet.

 

06Oktober
2023

Der Nebel von Avalon?

Wir wachen früh auf und krabbeln aus dem, hoffentlich nicht Bettwanzen-verseuchten Hochbett runter. Inzwischen haben wir natürlich unsere Routinen mit Packen und Fertigmachen entwickelt und stehen uns nicht gegenseitig im Weg in den kleinen Unterkünften.
Meine gestern handgewaschene Wäsche ist leider nicht getrocknet und so packe ich erst mal alles in eine Plastiktüte, um es bei der ersten Pause am Fahrrad trocknen zu lassen. Ja, auch den BH. Im besten Fall fragen wir uns gegenseitig nicht einmal mehr, wer was an Proviant einpackt.
Auch heute ist es wieder frisch am Morgen, aber wir sind gerüstet! Kaum sind wir am Fluss angekommen, müssen wir anhalten! Was ein Bild sich uns zeigt! Der Nebel auf dem Strom. Zwei Fischer in einem Boot im Nebel. Wow, wie schön. Wir machen ein kleines Video und grüßen damit unsere WhatsApp-Kontakte im Status. 
Noch im Ort selbst besucht Christoph wieder das Office de Tourisme und kommt ganz begeistert wieder raus. Max. 250 Meter schaffen wir, um am nächsten Café anzuhalten und einen entsprechenden zu trinken. Er zeigt mir die Karte von einem Rundradkurs in der Bourgongne, 800 km lang – schöne Idee eigentlich. Ich bin nicht abgeneigt. Nächstes Mal. Mit Zelt?

Je näher das Ende unserer Tour naht, umso mehr kreisen die Gedanken wieder um die Herausforderungen des beruflichen Alltags. Welche Termine und Aktivitäten stehen an? Ich stelle mich auf ein paar „Nachtschichten“ ein, denn der Vorlesungsstart steht bevor und ein Ausflug der Verwaltungsmitarbeitenden nach Darmstadt am 12.10. ebenso, den würde ich ungern absagen. Dann das Probenwochenende für das Weihnachtsoratorium… und bei diesen Gedanken schmelzen die Kilometer nur so weg.

Manchmal spielt uns komoot dann doch einen Streich, oder wir passen nicht gut genug auf. So kommen schon mal ein paar extra Kilometer zusammen. Es geht auf den EuroVelo No.6, am Canal du Rhone au Rhin – Branche Sud. Hier sind die richtig entschleunigten Boostfahrenden unterwegs. Ich bin so gut gelaunt, dass ich allen winke – die meisten winken zurück. Das Leben ist gut zu uns!
Ca. 10.000 Mal (ich habe nicht genau mitgezählt, okay, leicht übertrieben!) müssen wir den Canal überqueren, um auf der anderen Seite wieder weiterzufahren. Langweilig wird das nicht. Heißt aber auch, dass du immer wieder kleine Anstiege in Kauf nehmen musst, um dich dann auf der anderen Seite wieder – juchhei ! – runterollen lasssen zu können. 

Dole ist ein ganz schöner Ort – gerne hätte ich mir den mal genauer angesehen, aber schließlich ist das hier kein Wunschkonzert! Der Eindruck muss reichen. 
Saint-Vit ist unser Tagesziel. Im Intermarché kaufen wir noch ein paar Lebensmittel ein – heute wird gekocht! Nach dem gestrigen Reinfall, machen wir heute einen Quantensprung in Sachen Unterkunft. Alles nagelneu, ganz liebevoll ausgestattet und wir fühlen uns gleich heimisch. Der Host Olivier ist sehr engagiert, freundlich und hilfsbereit. Sehr klein, aber auch sehr fein. Für ein Abendessen draußen auf der Terasse ist es (schon wieder) zu kühl, darum bleiben wir drin und behelfen uns mit diesem Tischchen. Zum Schlafen räumen wir alles wieder weg und ziehen das IKEA-Bett aus.

05Oktober
2023

REM.. und wir meinen nicht die Band!

Neulich war ich beim Neurologen, warum war mir selbst nicht so klar, aber nun saß ich vor ihm. Er diagnostizierte mir „Diamantspäne im Gehirn“. Wie bitte? Damit könne man uralt werden und ich müsse mir weiter keine Sorgen machen. Während er das sagte, stand er schon auf und bewegte auch mich mit entsprechender Körpersprache dazu. Die kostbare Zeit von Fachärzten wegen dummer Nachfragen, darf man nicht strapazieren! Man kann dankbar sein, überhaupt einen Termin zu bekommen. UNd wer weiß, wann ich nochmal einen solchen brauche?
Na, wenn’s nichts Schlimmes ist, reicht mir auch das Internet für eine weitere Recherche und Auskunft zu meinem Gesundheitszustand. Allerdings kam mir die Diagnose sehr, sehr hanebüchen vor. Jemand schon mal irgendwas davon gehört? Ich nicht.

Hier habe euch auf einen kleinen Ausflug in meine REM-Phase (rapid eye movement“; die Bezeichnung kommt von den sehr schnellen Augenbewegungen, die die Schlafenden trotz geschlossener Augen aufzeigen) vom 05.10.23 mitgenommen. Ich hatte herrlich geschlafen, wenn auch zwei Toilettengänge (im wahrsten Sinne des Wortes: Toilette auf dem Gang) meine Ruhezeiten unterbrachen, aber dieser Traum war schon sehr speziell. Vermutlich hatte ich beim Spaziergang durch Cluny in zu viele Schaufenster mit Schmuckauslagen geschaut. Dabei bin ich eigentlich kein Schmuck-Freak! Na egal.

8° C ließ uns ganz tief, sozusagen auf den Meeresgrund unserer Packtaschen tauchen, um die wärmeren Anziehsachen heraufzuholen. Also Radelhose an, lange Hose drüber, Merinoschäfchen-Unterhemd an, Radelshirt drüber, nächste Lage: Jacke mit langen Armen.

Um 8:00 Uhr wollten wir los, es wurde 9:00 Uhr. Unser Weg führte uns noch fix auf einen Kaffee in eine Biobäckerei, bei der wir auch ein herrliches Mehrkornbrot erstanden. Ich würde es am Tag transportieren und war ganz happy zu sehen, dass es „nur“ 680 Gramm hatte – jedes Gramm zählt!
Gemerkt hatte ich allerdings schnell, dass meine Hände ziemlich kalt wurden; also nochmal Packtaschen-Tieftauchen und die Handschuhe raus. Christoph hatte daran nicht gedacht und ich überraschte ihn mit einem zweiten Paar. Dass ich keine warmen Socken angezogen hatte, bereute ich nur mäßig, denn bald schon wurde es wärmer, wenngleich wir dauerhaft im Schatten fuhren. Gerne lassen wir uns vom Radeln auch von Kumpanen, wie diesen hier (Gruß an Dani und Maya), ablenken:

Weiter auf dem Voie Verte-de-Bourgogne-du-Sud, schaffen wir uns Tritt für Tritt gen Nordosten. Vorbei an Taizé (wir haben niemanden singen gehört) und vielen anderen kleineren Orten, die zwar mit allem Charme aufwarten, aber uns nicht zum Verweilen überreden können, schließlich sind wir nicht auf einem Kulturtrip. Schnurstracks geht es geradeaus und wir passieren unzählige Rinderherden, zum Teil mit Kälbchen (oh, wie süß!). Wenn man so am geradeaus Fahren ist, kann man schon ins Meditieren kommen. Ich denke mir dann zum Beispiel Sätze für diesen Blog aus, die ich besonders gelungen formuliert finde, abends aber längst wieder vergessen habe.

Christoph ist da technischer unterwegs. Er schaut sich die Möglichkeiten seines Tachos an, und überlegt zum Beispiel, welche Durchschnittsgeschwindigkeit er für den heutigen Tag erreichen möchte. Natürlich tauschen wir uns auch über Landschaft und Leute aus und lästern auch gerne mal über andere Radler:innen, die komisch den Helm aufhaben (also so, dass er im Falle eine Unfalls rein gar nichts bringt), oder Paare im kompletten Partnerlook – inklusive Fahrrad. Die müssen sich liebhaben!

Gerne hätte ich euch ein Foto zweier ganz besonderer Spezies gezeigt, aber ich war zu langsam. Also bleibt mir nur, euch das so gut es eben geht, zu beschreiben: zunächst sahen wir nur zwei Fähnchen, die Kinder auch gerne an den Fahrrädern haben, damit sie gut gesehen werden. Hier kennzeichnet das meist Personen mit Liegefahrrad. Aber weit gefehlt. Die beiden fuhren Cabrio! Sie hatten ein Umbau um ihre Räder, die wie kleine Autos aussahen. Und hinten drauf einen schönen Lederkoffer fürs Gepäck. Ganz Oldtimer-like. Wer da wohl gerne tüftelt? Ein echtes Highlight!

Manchmal lohnt es sich, in die Örtchen reinzufahren, insbesondere dann, wenn sich dort eine Weinkellerei befindet. Christoph probiert ein paar und entscheidet sich für eine Flasche Burgunder.
Ein paar sanfte Anstiege und auch einige herausfordernde haben wir mit Bravour gemeistert. Später In Givry, einem sehr bekannten Weinort (Weßwein), machen wir die Bekanntschaft mit einem kleinen, aber ganz tollen Lokal und verbringen dort unsere Mittagspause. Es ist gar nicht so

 

einfach, einer Bedienung auf Französisch zu folgen, die nicht nur ihr Sprechtempo nicht reduziert, sondern auch noch einen kleinen Lispler hat. Sehr goldig! Wir kriegens hin, uns sie streut ein paar englische Begriffe ein. 
In einer weiteren Weinkellerei kaufen wir noch eine teure Flasche Weißwein, 1re Cru. Wir sollten enttäuscht werden. Durch Chalons-sur-Saône müssen wir die Hauptstraßen nehmen, nicht angenehm, aber machbar. Und dann schnell wieder an die Saône. Diese Radwege am Fluß entlang sind einfach zu herrlich!
In Allerey-sur- Saône erreichen wir nach 79 km unser Tagesziel. Diesmal ein „Griff ins Klo“. Wir sind nicht anspruchsvoll und können auch mal über was hinwegsehen, aber hier hängt das Preis-Leistung-Verhältnis ganz schön schief! Christoph bucht uns immer entlang unserer Routen und möglichst nah an den Streckenabschnitten eine Unterkunft. Kosten meist so um die 60,00-80,00 €. Und dieses 60,00. Alles ziemlich zusammengestückelt, keine frische Bettwäsche (nur Zudecken ohne (KaKa-) Laken). Und jetzt kommt meine Freundin Lissi mit der Info zu dem Bettwanzen-Problem in Frankreich! Oops!? Aber wenn man so viel Rad gefahren ist, lässt es sich auch dort schlafen und das Dach über dem Kopf wertschätzen.

04Oktober
2023

Au revoir Via Rhôna – Bienvenue Voies Bleues

Bei Olivier und Diane haben wir ein französisches Frühstück und Kaffee genossen und dann noch einmal die herrliche Aussicht von ihrem Anwesen, umgeben von Weinbergen. 

Ein Leben wie „Gott in Frankreich“.

Wir haben den Besuch bei ihnen als sehr angenehm empfunden und uns gefreut, so herzlich aufgenommen worden zu sein.  Salut, bis bald! (Ihre Adresse kann leider nicht zur Verfügung gestellt werden!).

Was vor uns liegt:

Durch unsere Zugetappe haben wir die Via Rhôna hinter uns gelassen, die zwar weiter gen Norden führt, aber mehr östlicher als uns lieb ist nach Genf, eben wie die Rhône so fließt. Christoph navigiert uns durch Villefranche sur Saône auf unseren nächsten Radweg. Wir entscheiden uns gegen die von „komoot“ vorgeschlagene Route (Christophs alte Tour), da wir auf der Karte einen Weg entdecken, der uns direkt an der Saône entlangführt – direkt am Wasser ist es doch viel schöner, als durch Städtchen mit Autoverkehr. Dieser Weg ist aber wohl erst vor einigen Jahren ausgebaut worden, und da komoot ja nur so gut sein kann wie seine

Nutzer:innern, werden wir den Weg dort lobend erwähnen!

Viele (Renn)-Radfahrer:innen sind heute an uns vorbei gefahren– Frankreich ist eine radbegeisterte Nation. Jeden Alters sind sie unterwegs mit Rädern, mit Batterie in den Beinen oder einer am Rad. Manche mit sehr verzerrtem Gesicht: Leistung, Leistung! Andere entspannt, wie wir. 

Ein bisschen gegen den Wind hatten wir wieder anzukurbeln, aber nichts gegen das, was wir schon hinter uns gebracht hatten.

Zwischendrin kann man sich auch gerne mal mit Mitarbeitern einer Baufirma unterhalten und fragen, was die Hola-Hoop-Reifen da bedeuten:

 Wir erfahren, dass es sich um Glasfaserkabel handelt, die so bunt sind, damit man sie gut wiedererkennt. Stimmt!

Unser Ziel heute: Cluny. Ein Tourhighlight mussten wir auslassen, der fortgeschrittenen Jahreszeit geschuldet. Es sollte nochmal durch einen längeren (natürlichen früheren Eisenbahn-)Tunnel gehen, aber der ist seit 1.10.23 zum Schutz der Fledermäuse gesperrt. Zwei Damen haben uns von einer Umfahrung (Déviation) berichtet, der wir dann auch gefolgt sind.

Der Tunnel hätte uns 200 Höhenmeter erspart, nun gut, dann eben Druck und Zug auf die Pedalen. (Für die, die sich weniger gut auskennen: wir fahren beide mit, in die Pedalen eingeklickten, Schuhen, heißt, dass wir nicht nur runter treten, sondern eben auch hoch die Pedalen ziehen können. Früher hatte man so kleine „Körbchen“ an den Pedalen). Das macht bei solchen Anstiegen einen enormen Unterschied. Also kletterten wir fast über die 400 Meter-Marke auf den Col du Bois Claire. Manche/r wird schmunzeln, der /die schon ganz andere Pässe mit dem Rad erklommen ist, aber unerwartet ist es doch speziell. 
Wo es hoch geht, geht es auch wieder runter: „Heidewitzka“ (oder "Heide Witz-Ka"?, vielleicht auch "Hei! Dewitzka") war das flott! Ich bin gerne etwas vorsichtiger als Christoph, und als ich einen Blick auf meinen Tacho erhasche (lieber schön geradeaus gucken!!) waren es 57 km/h – hui…und das trotz bremsen! Bloß nicht wackeln mit dem Rad! Aber unbedingt noch den Schwung für den nächsten Anstieg mitnehmen.
Und wer sich in der Gegend auskennt, weiß, dass wir die Saône inzwischen verlassen haben und uns auf einer Vioe Verte befinden (das sind stillgelegte Eisenbahntrassen), No. 1 (genau heißt sie voie verte de Bourgogne du Sud) befinden.
Die Einfahrt nach Cluny bescherte Christoph schöne Erinnerungen. Damals war er nur auf der Durchfahrt. Hier treffen wir auf eine deutsche Schulklasse (da werden bei mir gleich wieder Erinnerungen wach) und einige weitere deutsche Touristen. Da ist gerne mal „Fremdschämen“ angesagt, oder noch besser, sich selbst nicht als Deutsche outen [was schwierig ist], wenn sich Landsmenschen gut hörbar über Dinge, wie z.B. Preise, aufregen (und dabei gerne unterstellen, dass kein Franzose/keine Französin sie verstehen). Wie viele französische Orte, hat auch Cluny seinen ganz besonderen Charme und ist bekannt für seine Abtei.
Wir steigen ab im Hotel de Commerce und Christoph glaubt endlich sein Vorurteil bestätigt beim Eintritt in unser Chambre Numero Deux… „durchgelegene Betten“ – aber nix da – alles bestens!

Und so sieht dann ein Zimmer aus, in das wir einfallen mit unserem ganzen "Gelersch". Und genauso schnell ist es auch wieder aufgeräumt, wenn wir angezogen und ausgezogen sind.

03Oktober
2023

Darf's ein bisschen Bahn sein?

Was Christoph ja schon länger klar war, würden wir einige Kilometer auch mal die Bahn nehmen. Darum war unsere gestrige lange Etappe genau richtig, denn heute waren es bloß ca. 650 Meter (!!!) zum Bahnhof. Und da war es dann doch: auch in Frankreich ist der ÖPNV nicht immer pünktlich. Unser Zug hatte 15 Mins. Verspätung (für uns ja kein Ding an sich). Ein sehr alter Zug fuhr ein und wir manövrierten uns hinein (wir wurden von einer Dame direkt gewarnt, dass dies nicht ganz einfach sein würde). Christoph kann sein Rad tragen, ich schaffe das voll bepackt nicht. Aber helfende Hände sind überall, und die von Christoph nehme ich auch gerne an.


Der Zug bot 18 (!) Fahrrädern Platz und der Waggon war in kleine „Garagen“ eingeteilt, wo man die Räder dann auch mit einem Gurt, wie wir ihn aus dem Auto kennen, festmachen konnte. Wir setzen uns zu einem Paar, die sich auch direkt als Radelnden „outeten“ und kamen ins Gespräch, als er vorsichtig frug: „Do you speak English?“ – welche Freude für sie als wir entsprechend mit „Yes, we do“ antworteten. Sie hatten wir Via Rhôna schon hinter sich gebracht, entgegen unserer Richtung und waren nun unterwegs nach Benelux, um dort weiter zu radeln. Ursprünglich stammen sie auch England (er allerdings Amerikaner) und sie sind 60 Tage unterwegs, weil sie 60 Jahre alt wurde und in Rente ging. Ein Traum! Mit 60! Näheres zu dem jungen Rentenalter konnte ich aufgrund der Kürze der Zeit nicht in Erfahrung bringen.
An der dritten Station verließen wir den Zug, wir mussten beim Ausstieg einen Höhenunterschied von einem Meter überwinden, hui, und starteten unser Radfahrvergnügen in Saint-Rambert d’ Albon. Ca. 40 km lagen vor uns bis Vienne. Das reiten wir doch auf einer Backe ab!
Wieder eine sehr schöne Wegführung durch Wälder, immer entlang der Rhone. Ach wie fein! Und drch die herrlichen Weinberge - da äuft einem doch gleich das Wasser im Mund zusammen: Hier: Weingut E. Guigal. Leider hatten wir den Schlüssel für den Keller zuhause auf dem Küchentisch liegen lassen (:-))))!

Da gestern wieder die Geschäfte offen hatten, waren wir gut gerüstet für unser obligatorisches Picknick, das wir hier gerne als "französisches Stillleben" bezeichnen wollen:

Genau getimed, kamen wir dann in Vienne an, der Zug wartete schon auf uns, der uns bis nördlich von Lyon bringen würde – nach Villefranche-sur-Saône. Und da erwartete uns schon Olivier am Bahnhof – echte Wiedersehensfreude! Er nahm unser Gepäck in seinen Wagen - Gott sei Dank ! - denn uns erwartete zu seinem Haus in den Weinbergen eine Steigung von bis zu 15%. Da schoben wir doch ein ganzes Stück davon.

Olivier ist ein Spross der Familie Paulin, die Christophs Eltern in den 70-er Jahren über eine Städtepartnerschaft (Mühlheim – Saint Priest) kennengelernt hatten. Es entstand eine lange Freundschaft, die bis in die nächste Generation reinreicht. Das ist Völkerverständigung! Heute dürfen wir Oliviers Gäste sein. Und als gute Gästin sollte ich mich jetzt mal unten zeigen….

02Oktober
2023

Die Entschädigung für den Gegenwind

Früh morgens um 8:00 Uhr holt Christoph die „Pferde von der Koppel“ – bzw. aus dem Unterstand, wo die Räder gut geschützt über Nacht standen. Alle Packtaschen wieder drauf, kurzer Kontrollgang durch das Apartment und die nächste Tageetappe kann gestartet werden.

Heute: Rückenwind im Angebot. Da brauchen wir nicht lange überlegen! Nehmen wir gerne. Alles andere wäre auch völlliger Blödsinn, denn dann würden wir ja zurückfahren. Und der Rückenwind macht sich direkt am Tempo unbemerkt, bemerkbar. 😊
Wir können unser Glück kaum glauben, dass wir so herrliches Wetter haben; im Office de Tourism von Vivier werden wir von der deutschsprechenden Angestellten belehrt, dass es keineswegs üblich ist in der Jahreszeit. Und wir keinesfalls die falschen Klamotten eingepackt haben.
Im Touristenbüro hatten wir uns eine Internetverbindung erhofft, um das Quartier für die Nacht in Beauchatel klar zu machen. Aber es ging nichts, weder über das Büro selbst, noch telefonisch – niemand zu erreichen, wo wir gerne übernachtet hätten.

Also entscheiden wir uns, vor allem auch wegen des Rückenwinds, eine lange Etappe bis nach Valence zu fahren. Christoph hatte mir noch ein Highlight versprochen, und es ging auch wirklich alles sehr gut zu fahren.

Das Highlight verführt uns erneut zu einer „Straftat“: wir überqueren die Brücke per Rad, nicht per Pedes, wie es eigentlich vorgesehen ist. Wäre es nass gewesen, hätte ich sicher geschoben. Nicht nach unten sehen, ist aber bei jedem Wetter ratsam.

 Man kann sich hier richtig vorstellen, wie die Raubritter durch die Wälder galoppieren und von Burg zu Burg über Brücken preschen.

Zwischendurch haben wir dann tatsächlich ein Quartier gefunden; Marion hat sehr schnell auf unsere Email-Anfrage geantwortet und die Bilder der Unterkunft überzeugten uns auch. Unsere Fahrräder würden wir im Hausfluss lassen können, sei kein Problem, Wohnung im 3. Stock. Nach 115 km in den Beinen, den Zugang zum Haus via „Hochsicherheitseinrichtung“ erfolgreich gemeistert, lesen wir den Zettel der Hausverwaltung, der eindeutig verbietet, die Räder im Hausflur stehen zu lassen. Sehr verständlich, der war nämlich kaum einen Meter breit und im Falle eines Notfalls, wären die sehr hinderlich. Auch wollten wir nicht riskieren, dass sie nächsten Morgen nicht mehr da sein würden. Also letzte Herausforderung des Tages: Gepäck in den 3. Stock und die Drahtgäule auch. Mal was Neues.

In den Bewertungen, die wir für die Unterkünfte abzugeben stets aufgefordert werden, wird dieses Probelm auf jeden Fall Eingang finden - stelle man sich nur vor, ein e-Bike da hochhiefen zu müssen. Ich habe selbst meine Trinkflaschen vor dem Schleppen abgenommen.

Nach einer schönen Dusche und etwas Ausruhen, haben wir uns entschieden noch das Nachtleben von Valence zu erforschen und sind noch auf einen Wein in einem voll besetzten Restaurant gelandet. Um 21:30 Uhr regte sich dann der „Nichtkleine-Hunger“ und da bot es sich an in der Pizzeria vorm Haus noch eine zusammen zu naschen….

01Oktober
2023

Kein Tänzchen auf der Brücke...

Ein Morgen ohne Kaffee :-///. Unsere Gastgeberin hatte uns keinen Kaffee angeboten, schade eigentlich, denn andere Gäste hatten ihn lobend erwähnt im Gästebuch. Vielleicht gibt es sonntags keinen, weil Familientag ist. Na egal, nehmen wir eben einen in Avignon.
Radelnd haben wir Avignon unsicher gemacht, was trotz früher Stunde schon recht belebt war. Die Flusskreuzfahrt-Schiffe mit internationalen Gästen, bringen ordentlich Touristen in die Stadt. Ein Tänzchen auf der Pont d’Avignon war auch nicht drin, denn die 20 € Eintritt haben wir uns geschenkt. Das können gerne andere zahlen. Ein Petit Déjeuner gab es zur Feier des sonntags auch für mich.

Mehr zufällig sind wir auf einer kleinen Fähre gelandet, die uns über die Rhône gesetzt hat. Hier konnten wir wieder Fährte zur Via Rhôna aufnehmen.

Gestern hatten wir schon die "Via Rhôna" erreicht, der Fahrradweg, den Christoph 2019 auch schon in anderer Richtung befahren hatte (seine Mühlheim --> Barcelona-Tour). Der Weg ist sehr gut ausgeschildert und meist geteert. Das macht das Radeln besonders angenehm. Die Natur und die Gegend ist herrlich und heute haben wir jeden Schatten, der sich uns auf dem Weg bot, mitgenommen. Heute waren auch sehr viele Radfahrende unterwegs, sicherlich dem Sonntag geschuldet.
Mal wieder haben wir uns von einem Verbotsschild nicht beirren lassen und sind trotz Sperrung dem Weg gefolgt, da uns auch Radler:innen aus der Gegenrichtung entgegen kamen. Fragen hilft ja auch: und so wurde uns gesagt, dass es wohl „gehen“ müsse. Angekommen an der gesperrten Brücke schlängelten wir uns durch die Absperrung und überfuhren die Brücke. Auf der anderen Seite angekommen, haben wir selbst darüber gelacht, dass wir unbeirrbar sind…aber wir waren wahrlich nicht die einzigen, die sich über die gesperrte Brücke gewagt hatten.

Also weiter des Weges: vorbei an richtig großen, riesigen, Photovoltaik-Anlagen, meist in Verbindung mit einigen Windrädern, durch eine Naherholung, wo es in „the middle of nowhere“ eine kleine Bar gab. Diese blieb nicht ungenutzt. Und so verbringen wir den Tag immer wieder mit kleinen Pausen.

Ich hatte dann noch meinen ganz besonderen "Susanne-Daubner-Lach-Flash", als  Cristoph meinte, dass er, wenn er so 75 bis 80 Jahre alt sei, sich eine Vespa kaufen würde, und damit gewisse Gegenden befahren würde. What??? Lautt der aktuellen europäischen (französischen) Verkehrsministerin würde er sich in diesem Alter nicht mehr mal eine Vespa kaufen dürfen. Wo lebst du, Schätzelein? Naja, noch ist es nicht so weit. 

Gestern Abend hatte Christoph noch unser Domizil für die nächste Nacht klar gemacht (läuft alles per AirBnB oder Booking.com). 60 km Tagesetappe würden es heute also werden. Etwas verkalkuliert hatten wir uns mit Einkäufen. Kaum zu glauben! Sonntag halt.
Wir sind nun auf einem Bauernhof, fern ab von Einkaufsmöglichkeiten. Aber ein paar Nudeln hatten sie für uns da. Im Gepäck befanden sich noch ein Stückchen Brot, drei verschiedene Tampanaden (Aufstriche aus Oliven oder getrockneten Tomaten) und frische Oliven vom Markt in Arles. Zur Vorspeise gab's eine Brühe mit Reis (hatten wir für solche Gelegenheiten als Notverpflegung dabei). Und so Christoph zaubert ja aus allem was. Also noch Nudeln mit Olivenöl und einer mitgebrachten Gewürzmischung und lecker stand das Abendessen auf dem Tisch, das wir draußen auf der Terasse zu uns nahmen.

Ein sehr schön eingerichtetes Apartment hat uns hier erwartet… und die erste Waschmaschine haben wir auch laufen lassen. Wollen wir hoffen, das morgen alles getrocknet ist. Die Nächte kühlen ab und sind sehr feucht – also holen wir den Wäscheständer rein. Eine kühle Flasche Rosé gab es von der Wirtin als Geschenk: „Vive la France“!! Wehrmutstropfen: keine Wi-Fi, aber das kann in dieser abgelegenen Gegend auch nicht erwartet werden.

Und endlich schleicht sich der Duft der Provence in unsere Nasen: wir passieren die ersten Lavendelfelder. Zwar sind sie schon abgeerntet, aber der Duft ist noch intensiv wahrzunehmen.

 

30Sept
2023

Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!

 Früh um 8:00 Uhr ist der Ort noch sehr verschlafen. Ein paar frühe Hunde-Gassi-Menschen, einige, die zur Arbeit müssen und wir :-) Unsere Wirtin macht noch ein Foto vor unserer Abfahrt und vor ihrem Gasthaus.

Kaum dass wir aus Sainte-Marie-de-la-Mer raus waren, hörten wir ein paar Schüsse und sahen links weiter vor uns eine Herde Wildpferde losgaloppieren. Wir nahmen rechts mal wieder einen Schotterweg und nach ca. 100 Metern zeigten sich uns ca. 15 Wildpferde. Auch den Jäger konnten wir ausmachen, trotz seiner Tarnkleidung. Nach den Pferden hatte er wohl kaum geschossen.
Unsere Gruppe Pferde war trotzdem seelenruhig beim morgendlichen Grasen. Mein Schnalzen nahmen sie kaum wahr und so war es eher Glückssache ein schönes Foto zu bekommen. Aber auch dafür haben wir uns wieder Zeit gelassen, schließlich fährt Christoph auch täglich den „Trumm“ von Kamera mit herum.

Die Routen, die Christoph erkundet hat und meist abseits der normalen Fahrstraßen sind, laden wirklich zum Radfahren ein. Und das Wetter ist herrlich, wenn auch die Sonne und die Mittagstemperaturen Christoph zusetzen.

Ca. 3,5 bis 4 Liter Flüssigkeiten jagen wir täglich durch unseren Körper – das meiste ist Wasser! Ehrlich! 😊 

Nun fehlen uns auf unserer "Liste" noch die für hier bekannten Stiere. An Warnschildern, dass man bestimmte Gebiete wegen ihnen nicht betreten sollte, hat es nicht gemangelt. Gesehen haben wir sie nur aus weiter Ferne. Sie sind nicht wild. Sie sind zum Verzehr gezüchtet. Ja, das mag manchem nicht schmecken (im doppelten Sinne!), aber so isses.

Bei Arles - wer hätte es gedacht? - ist Wochenmarkt, pulsiert das Leben. Wo kommen die gerade alle her? Ein buntes Völkchen von Menschen belebt die Stadt - wie schön! (Und wie muss dass alles während Corona ausgesehen haben?)

Christoph jagt ein paar Köstlichkeiten mit Euros, ich bewache die Räder. Schließlich finden wir noch eine Boulangerie, die ein Tuna-Sandwich im Angebot hat und dem wir nicht widerstehen können. 
Nicht ganz einfach haben wir die Route auf die Via Rhona zurückgefunden, und zu allem Ärger habe ich mich auf dem falschen Weg auch noch von Lotte auf die Seite legen lassen. Ein kurzer Anstieg auf Schotter wurde mir zum Verhängnis; habe eben doch nicht die Mountain-Bike-Bereifung wie Christoph und muss mich geschlagen geben, weil ich nicht rechtzeitig aus den Pedalen komme: zack, hingefallen, aufgestanden, Krönchen gerichtet, weiter... 

Auf Französisch "Le vent, le vent, l'enfant céleste!" reimt sich unser heutiger Blogtitel gar nicht. Auch habe ich mich gefragt, als bei Kilometer 16 der Wind kam, wofür der nochmal genau gut ist? Okay, um Wolken zu vertreiben, um Segelboote in Fahrt zu versetzen, um Großwetterlagen zu beeinflussen, ja, schon okay, aber wofür dass mit dem Gegenwind?? 
Laut Wettervorhersage sollte der Wind aus Nord (unserer Fahrtrichtung) uns mit 25 km/h erwischen, teilweise mit Böen um 50 km/h. Könnte so gewesen sein, denn unser Tempo hat sich dadurch maximal reduziert; auch sollte man beide Hände am Lenker lassen und nicht glauben, mal eben einen Schluck aus der Trinkwasserflasche nehmen zu können. Da fängt es ganz schön an zu wackeln.
Wir nehmen es, wie es ist. Ich zumindest. Christoph findet es demoralisierend! Könnte doch regnen, könnte alles schlimmer sein. Lieber immer mal ein Päuschen eingelegt. 

Unser Domizil "Familie Gonzales" erreichen wir nach 95 km um 18:00 Uhr. Auch hier finden wir ein kleines Zimmer direkt im Wohnhaus der Familie vor (sozusage ein Gästezimmer). Der Pool lädt nicht wirklich zum Schwimmen ein und so bleibt es bei einer ausgiebigen Dusche in einem nur für uns reservierten Bad. Soweit alles schön.

Für unser Abendessen laufen wir knapp 2 km nach Villeneuve de Avignon, um eine Pizza „to go“ und ein Bierchen zu konsumieren in einer Verkaufskneipe, wo sich hauptsächlich Männer aufhielten, um Rugby und die Sportnachrichten zu verfolgen und zu kommentieren. Marsch, Marsch zurück und ins Heia-Bett. (Es soll ja sehr gut sein, nach einer ausgiebigen Bewegungsart, eine andere folgen zu lassen, wie Christoph von seiner Physiotherapeutin wusste).